Durchzug Kaiserlicher Truppen des
Grafen von Fürstenberg ins Gebiet zwischen Lennep,
Radevormwald und Wermelskirchen
Ende Oktober 1634

von Wolfgang Motte

Ende Oktober 1634 ziehen sich Kaiserliche Truppen unter Generalfeldzeugmeister Graf von Fürstenberg, zusammen mit Generalwachtmeister von Metternich und Feldmarschalleutnant Freiherr von Geleen vor nachrückenden schwedisch-hessischen Soldaten unter Generalleutnant Peter Melander von Holzapfel aus der Grafschaft Mark an die Grenze des Bergischen Landes zurück. Zwischen dem 24.und 28.Oktober halten sie sich im Amt Beyenburg auf, ehe sie weiter über Lennep nach Wermelskirchen marschieren'.
Am Abend des 28.Oktober 1634,es ist ein Freitag, erreichen die Soldaten von Beyenburg her das Gebiet der nahegelegenen Städte Radevormwald und Lennepl. Graf von Fürstenberg versucht offenbar zunächst in Lennep Quartier zu nehmen. Als ihm dies jedoch verwehrt wird, zieht er weiter nach Wermelskirchen.
Bereits am 29.Oktober' berichten der Richter des Amtes Bornefeld Johann Herkenrath und der Radevormwalder Bürgermeister Merten Alhaus auch im Namen des Rates der Stadt dem Herzog Wolfgang Wilhelm in Düsseldorf vom Einfall der kaiserlichen Truppen. Am 31.Oktober folgt eine entsprechende Eingabe von Bürgermeister und Rat der Stadt Lennep an den Pfalzgrafen und eine Klage des Bomefelder Amtmannes über die Not, in die er und seine Familie durch die Soldaten geraten ist.

Die "hochbedrangte underthanen" aus Radevormwald melden, daß die Soldaten sich "bey unß einquartirt haben und sich alda biß noch zu uffgehalten." Den auswärtigen Bürgern sei "unwiederbringlicher schade zugefügt' worden. "Sintemahll sie denselben Ihre biesten und andere mobilia" sofern diese nicht hinter die Mauern der Stadt in Sicherheit gebracht werden konnten, "gewaltthattig hinwegh treiben und abnehmen". Viele Landbewohner wurden so "in außerst verderb und ruin gesetzt", und mußten mit ihren Nachbarn Haus und Hof verlassen.

Die Soldaten streifen "bey dagh und nacht biß vor" die Stadt. In Erwartung eines Überfalls hat der Rat "fleißigh dagh und nacht wachten angestelt". Dem Obersten von Geleen versuchen die Radevormwalder ihren guten Willen zu zeigen, indem sie Proviant für die Küche der Obersten nach Wermelskirchen liefern.

Der Bornefelder Richter schreibt am selben Tag nach Düsseldorf: "die underthanen seind fast alle verlauffen, dahero waß in den heußeren und scheuren an mobilien und fruchten hinderbleiben alles in großer gefahr des verderbenß und uffzehrenß bestehet."

Der Pfalzgraf gibt am 30. Oktober den Bericht aus Radevormwald an seinen Marschall Johann Bertram von Scheidt, gen. Weschpfennig und den Beyenburger Amtmann Johann Wilhelm von Hugenpoth weiter'. Er faßt die ihm mitgeteilte Klage zusammen und spricht vom "ubelhausen, rauben, plundern und sunsten besorgtes uberfall gedachten kriegsvolcks". Man möge auf Wiedergutmachung der angerichteten Schäden beim Grafen von Fürstenberg "einstendig anhalten" und über den Erfolg der Beschwerde berichten.

Am 31. Oktober wendet sich der Rat der Stadt Lennep nach Düsseldorf. Er berichtet von der Bedrängnis, in die die in- und auswendige Bürgerschaft durch die ausschwärmenden Soldaten geraten ist. Zunächst habe Graf von Fürstenberg am 28.Oktober sein Hauptquartier in Lennep aufschlagen wollen. Ihm habe man geantwortet, ohne Befehl des Pfalzgrafen könne man diesem Wunsch nicht nachkommen. So hätten die Soldaten die Nacht auf dem Lande rings um die Stadt her verbracht und ihr Lager vor den Mauern aufgeschlagen. Sämtliche Hecken und Zäune seien verbrannt worden. Man habe mehr als dreihundert Feuerstellen vor den Mauern der Stadt gezählt.

Das Hauptquartier wurde dann offensichtlich in Wermelskirchen bezogen, da Lennep verschlossen blieb. Generalwachtmeister von Metternich aber habe nun in Lennep Proviant für die Küche der Offiziere gesucht, die sich in Wermelskirchen aufhielten, Wein, Bier, Weißbrot, Hammel, Hühner und dergleichen. In Lennep aber habe man lediglich zwölf Maaß Wein auftreiben können, nicht viel mehr als zwanzig Liter'. Darüber hinaus konnte man zwei Ahmen' Bier bereitstellen, das sind etwa 300 Liter, zwei Schaw Butter und fünf Hühner. Diese Lebensmittel für die Gräfliche Küche wurden mit Pferd und Wagen nach Wermelskirchen gekarrt. Doch schon am 30. Oktober habe der Generalwachtmeister erneut durch seinen Quartiermeister und Adjutanten "mit ungestummickeit" gefordert, zwei Ahmen Wein, Salz, Weißbrot und anderes mehr bereitzustellen. Die Lenneper versicherten, daß sie das nicht hätten. Doch das half nicht. Sie wurden bedrängt und bedroht, für den Fall, daß man die geforderten Lebensmittel nicht erhalten würde, "wolten sie es selbst mit Gewalt herauß holen." Um größeren Schaden zu verhüten, boten die Lenneper dem Quartiermeister an, man wolle Geld geben und sich somit freikaufen. Doch damit gaben sich die Kaiserlichen nicht zufrieden. So werden zwei Vorsteher mit Pferdekarren und großen Unkosten nach Solingen geschickt, Wein und andere notwendige Dinge zu kaufen und nach Wermelskirchen zu bringen. Jetzt befürchtet man aber, beide Pferde und Karren nicht zurück zu bekommen und dafür eine zusätzlich Entschädigung zahlen zu müssen.

Zu beklagen sei überdies, daß die Soldaten die vor den Toren der Stadt Lennep liegende Windmühle aufgebrochen und zerstört und dabei alles, was drinnen war, weggenommen hätten. Den Außenbürgem wurden die Scheunen ausgeraubt und das Vieh fortgetrieben. Einige Tiere, die die Soldaten nicht geschlachtet hätten, habe man gegen Lösegeld zurückkaufen müssen.

Noch einmal versichern die Lenneper dem Pfalzgrafen, daß sie keinen Vorrat an Wein, Bier und Brot besäßen und da der Weg nach Köln versperrt sei, könne man auch nichts besorgen. So sei Hungersnot zu befürchten und darum bitte man den Fürsten um seinen Schutz.

Am selben Tag klagt auch Johann Herkenrath, der Richter von Bornefeld, dem Pfalzgrafen seine und der Seinen Not'. Am gestrigen Sonntag, also am 30. Oktober, seien verschiedene Regiments-Quartiermeister der Fürstenbergischen Armee an sein Haus gekommen. Sie hätten "allerhandt victualien als fette hämell, bier, weißbrodt, hüner und dergleichen", dazu auch einen Wagen mit Pferd gefordert, die Lebensmittel zur Küche des Generalwachtmeisters Metternich zu bringen. Herkenrath erklärt, er sei nicht bereit, aber auch nicht in der Lage, das Geforderte beizubringen. Daraufhin seien ihm "eine anzall beihabend reuter" in sein Haus gelegt worden, ohne daß man darauf Rücksicht genommen hätte, daß seine Frau "noch eine kindtbetterin vonn 6 tagen gewesen". Die Soldaten sollten im Haus bleiben, bis die geforderten Lebensmittel besorgt seien. Inzwischen habe er soviel herangeschafft, wie ihm nur möglich gewesen sei, auch Pferd und Wagen gegeben, die er aber bis jetzt nicht zurückerhalten habe. Das Pferd allein habe einen Wert von fünfzig Reichstalern. Weiter berichtet Herkenrath, "ist das Hauptquartir im dorff Wermelskirchen, unnd das gantze Ambt mit Kreigsvolck angefuhlet. Ist zwarn diesen Dienstagh morgen ein gespräch gewesen, ob solte diesen morgen den auffbruch nacher dem Rheinstrom beschehen, so doch nit sicher zu vernehmen."

Am 1. November schreibt Wolfgang Wilhelm im Blick auf die aus Radevormwald und Lennep, so wie die vom Richter des Amtes Bornefeld eingegangenen Klagen. Er teilt seinem Rat, dem Marschall Weschpfennig, mit, er könne nicht glauben, daß das Verhalten, vor allem das des Generalwachtmeisters Metternich, im Sinne des Grafen von Fürstenberg und noch viel weniger der Kaiserlichen Majestät selbst sei. So befiehlt er, er möge beim Grafen von Fürstenberg vorstellig werden, damit Repressalien abgewendet und eingestellt, aber auch das Beutegut und die noch zurückgehaltenen Pferde und Karren zurückgegeben werden. Dabei möge er auf "unßer underthanen impossibilitet unnd armuth bestes tleißes" hinweisen, und endlich über den Erfolg berichten`.

Ob die Einsprache des bergischen Marschalls er folgreich gewesen ist, wissen wir nicht. Wahrscheinlich waren nach dem raschen Abzug der kaiserlichen Truppen die anstehenden Fragen überholt und neue Schwierigkeiten tauchen auf, die alle Aufmerksamkeit erfordern. Die Herbsttage des Jahres 1634, als die Soldaten des Grafen von Fürstenberg die Menschen zwischen Beyenburg und Wermelskirchen in Schrecken versetzten und die Lasten des Krieges schwer auf ihnen lagen, bilden ja nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Bild der Not, der Furcht, des Hungers und der Klage über Schikanen einer Zeit, in der nicht mehr gefragt wird, welcher Konfession die Einwohner des Landes angehören und in der man nicht mehr zwischen befreundeten und fremden Soldaten unterschieden hat. Die Nötigung (durch kaiserliche, also katholische Truppen) des ehemals zwar evangelischen, nun aber längstens katholischen Richters Johann Herkenrath aus dem Amt Bornefeld durch kaiserliche, also katholische Truppen zeigt das eindrücklich. Die Soldaten fragen nicht mehr nach Gesinnung und Uberzeugung, sondern sind darauf aus, selbst zu leben und zu überleben.

Anlage HSUD JB 113220 fol. 4
Eingabe von Bürgermeister und Rat der Stadt Lennep an den Pfalzgrafen wegen Verwüstung durch fremde Truppen vom 31. Oktober 1634 "Dem Durchleuchtigsten Fursten unnd Hern Hern Wolffgangen Wilhelmen, pfaltzgraven bey Rhein Ihn Beyeren zu Gulich, Cleve unnd Bergh Hertzoge, Graven zu Veldentz, Sponheim, der Marck, Ravensbergh unnd moerß, Hern zu Ravenstein, unserem Gnedigsten Fursten unnd Hern p. Durchleuchtigster Fürst, Gnedigster Herr p.
E. Fl. Dhltt nochmahlen unterhenigst zu berichten und erkennen zu geben, konnten wir auß hochtringender der noth nit vorbey gehen, was massen das Keys. kreigsvolck, unter Ihr exc. H. Graven von Fürstenbergh den 28 dieses ihm ambt Beyenburgh auffgebrochen, auff heisige statt ankomen, unnd ihr haubtquartir alhir zu haben erstlich ahngehalten, welches doch dem general quartirmeister abgeschlagen, unnd beantwortet, daß ohne Ihr. Fl. Dhltt specialen befelch einigh volck einzunehmen, uns nicht geziemen thete, wobey es den verblieben, so ist doch nit ohne das selbiges kreigsvolck selbige nacht hir umb die stadt in grosser ahnzahll gelegen, alles umb heis ge statt ahn hecken und zeunen verbrandt, unn uber die 300 feuer umb die statt gesehen worden
Folgenden sontags aber haben Ihr Gnaden ge rall wachtmeister von Metternich auß dem qu tier zu Wermelskirchen bey unns gesinnen lasser, wein, bier, weißbrodt, hammell, höner unnd derfgleichen, weill aber alhir in der statt nur zwolit massen weins ihn als zu bekomen gewesen, sot, haben ihm gemelter Mettemich gemelte 12 m sen, neben zwey ahmen bier, zwey schaff bo unnd fünff höner Ihr G zur keuchen mit pfe unnd karren zugeschickt, uber das hatt gemel generall wachtmeister gestriges tages nochm len durch seinen quartirmeister unnd adiudante bey uns mit ungestummickeit gefordert, zwey men wein, saltz, bohmoligh 12 weißbrodt unnd dere sachen mehr, unnd ob wir unns schon e schuldigen wollen, das solches nit zu bekom wie wahr, so hatt doch alles nit geholffen unnd bedrewet, wurden wir dasselb nit verschaffen, wolten sie es selbst mit gewalt herauß holen, das. also umb grosseren schaden unnd dieser stan, plunderungh zu verhuten, dem quartirmeist alsolchegeforderte victualin eltzugebenahner botten, welches derselbe ihm geringsten nicht ac.."ceptiren wollen, unnd deswegen zween von unsefren vorsteheren neben kahr unnd pferdt rni grossen uncosten auff Solingh wein unnd andere notturfft zu kauffen unnd auff Wermelskirchen zu' bestellen abfertigen mussen, stehen auch ihn forchten, das beyde pferdt unnd karren nicht wider bekomen werden unnd dieselbe zahlen Mus ¬sen, uber das hatt gemeltes kreigsvolck unsere"fur der pfortzen ligende wintmolle auffgeschlagen, dieselbe verdorben, was darauff gewese u, hingenohmen, unseren baussen burgeren dit scheuren außgedroschen, die beiste weggenohmen, deren dieselbe etliche wider rantzioniren mussen. Die übrige aber das kreigsvolck geschlachtet, unnd also gantz in den grundt verdorben unnd außg[ ... ] auch umb heissige statt mehrmallen alles ruinirt p.

Wan dan Gnadigster Furst unnd herr, alhir kene vorraht ahn wein, hier unnd brodt ihm geringste nicht vorhanden und der paß auff Colln unns ver sperret, derhalben nichts bekomen kunnen, unn hungers noth zu besorgen, unns aber dergleichel anmuthungen beforchten, als gelangt zu E. H. Dhltt unser unterthenigste bitt, dieselbe geruhen die Gnedigste ahnordnungh zu thun, damit wir vor solche unnd dergleichen ahnmuthungen und
dreuwnghen geschutzet werden mogen p.

HStAD JB 113220 fol. 26.
E. Fl. Dhltt Gottlichen schutzes, langwiriger gesundtheit, hochfurstliche Dhltt glückseliger regirungh getreulich unterthenigst empfehlendt Lennep, den letzten octob. anno 1634 E. Fl. Dhltt unterthenigste unnd gehorsambste burgermeister unnd rhatt der statt Lennep"

 
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